Spätestens seit dem Zeitpunkt, als vor rund zwei Jahren die Registrierungspflicht und der „Grüne Pass“ in unser aller Leben Einzug gehalten haben, ist er auch in die Ecken der letzten Wohnzimmer vorgedrungen: der 2D-Code. So haben die Menschen gelernt – viel rascher als gedacht –, damit zu interagieren. Das deutsche Marketingmagazin Invidis spricht sogar von einer weltweiten Nutzungssteigerung um 600 % seit Ausbruch der Pandemie.
Warum tatsächlich alles immer mehr in Richtung zweidimensionaler Codes geht, ist leicht zu beantworten: Sie können viel mehr Informationen speichern als eindimensionale (Strich-)Codes. Etwa 4.000 Buchstaben oder mehr als 7.000 Zahlen können im QR-Code mit seinen komplexen Mustern abgebildet werden.
Aber: 2D-Code ist nicht gleich 2D-Code. So wird beispielsweise der QR-Code – wie der Name schon sagt – für „Quick Response“, also für schnelle Information wie z. B. für Marketingzwecke oder zur Registrierung verwendet. Da die Informationen meist in Schriftzeichen verschlüsselt werden, ist sie durch die Sprache eingeschränkt, proprietär und kann somit nur von Ausgewählten interpretiert werden. Im Gegensatz dazu verwendet der GS1 DataMatrix, ein Subset der Data Matrix Symbologie, standardisierte Werte, die weltweit eindeutig verständlich und interoperabel sind und damit zu mehr Unabhängigkeit führt. Neben dem „Mehr an Informationen“ sieht GS1 Austria Geschäftsführer Gregor Herzog den größten Vorteil eines 2D-Codes vor allem darin, dass „er viel robuster und leichter lesbar ist“.
2D-Codes im Einsatz
Auf diese genannten Vorteile setzen einige Branchen bereits seit Jahren. So zum Beispiel das Bahnwesen, wo die ÖBB bereits seit 2017 ihre sicherheitsrelevanten Bauteile mit einem GS1 DataMatrix kennzeichnen. Auch die voestalpine zeichnet ihre Eisenbahnweichensysteme mit einer Nummer von GS1 in einem GS1 DataMatrix aus. Hier kommt vor allem der Vorteil der Robustheit und dass der GS1 DataMatrix aufgrund seiner kleinen Größe auf kleinsten Flächen verwendbar ist, zum Tragen. Dauerhaft eingraviert auf Bauteilen und Komponenten ist er so über Jahrzehnte hinweg identifizierbar.
Auch im Gesundheitswesen hat sich der GS1 DataMatrix bereits seit vielen Jahren als globaler Standard etabliert. Hier ist eine automatische Identifikation vieler klinischer und nicht-klinischer Produkte von entscheidender Bedeutung – von einer effizienten und sicheren Lieferkette bis hin zur Verbesserung der Patientensicherheit. Der GS1 DataMatrix wird hier auch verwendet, um die Anforderungen der Unique Device Identification (UDI) in vielen Ländern zu erfüllen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen, dass mit dem GS1 DataMatrix auf kleinstem Raum auf der Verpackung die größte Menge an Identifikationsdaten erfasst werden kann, zum anderen, dass der GS1 DataMatrix direkt aufs Produkt gedruckt und auch bei Beschädigung, Rissen oder schlechtem Druck gut gelesen werden kann.
Der 2D-Code bietet nicht nur ein ‚Mehr an Informationen‘, sondern ist auch viel robuster und leichter lesbar.
Gregor Herzog, Geschäftsführer GS1 Austria
Einzelhandel im Baustellenbetrieb
Mit den jahrelangen Erfahrungen aus diesen Branchen ist man bei GS1 längst startklar, um 2D-Codes auch in anderen Bereichen einzuführen. „Wir haben 2D-Codes daher bereits am Silbertablett angerichtet“, so Gregor Herzog. Warum es dann in manchen Branchen wie etwa dem Einzelhandel dennoch nicht so einfach ist, ein jahrzehntelang gelerntes System zu ergänzen, hat mehrere Gründe: So liegen die Herausforderungen hier sehr oft in kleinen, aber umso kniffligeren Details wie etwa bei bestimmten Produktgruppen wie Thunfischdosen oder Fruchtsaftverpackungen, bei denen die Strichcodes derzeit bereits im Vorfeld in der Verpackung eingearbeitet werden.
Hier würde es einige zusätzliche Prozessschritte brauchen, was wiederum sehr viel Zeit und nicht zuletzt Geld kostet. Auch wenn´s darum geht, die Daten an den Kassen zu erkennen und zu verwalten, sind dem 2D-Code derzeit noch einige Grenzen gesetzt. Die Systeme zum Lesen der Codes gibt es zwar seitens der Solution Provider schon längst – bis so etwas allerdings auch an den letzten Kassen wie zum Beispiel in Tankstellen, Buffets oder Raststätten angekommen ist, kann es noch dauern. Wie es dennoch auch im Einzelhandel gehen könnte, dafür gibt es in einigen Ländern bereits erste erfolgreiche Best Practices, die laut Herzog vorerst einmal als „erste zarte Pflänzchen zu sehen sind. Wo und vor allem wie schnell der 2D-Code dann letztendlich zum Einsatz kommt, wird auch von vielen äußeren Einflüssen abhängig sein.“ Diese könnten beispielsweise der steigende Informationsbedarf des Konsumenten oder etwaige gesetzliche Rahmenbedingungen rund um Kreislaufwirtschaft oder Herkunftsangaben sein. Fakt ist jedenfalls, so Gregor Herzog, „dass so eine Veränderung sicher nicht allein von Österreich aus funktioniert. Das muss schon von den größeren Ländern ausgehen.“
Bei der Einführung des 2D-Codes ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Industrie, Handel und Solution Providern essenziell.
Karen Arkestyn, GS1 Belgilux
Zukunftswerkstatt 2D-Code
Da die Einführung des 2D-Codes eben nicht nur ein nationales Thema ist, hat sich bei GS1 dieser Aufgabe das GS1 Global Office als übergeordnete Organisation auf globaler Ebene angenommen. Zu diesem Zweck wurden verschiedenste Arbeitsgruppen eingerichtet, um beispielsweise zukünftige Herausforderungen betreffend Marketing und Lieferketten rund um die Einführung der 2D-Codes zu vereinen. Eine eigens eingerichtete „2D Solution Provider-Fokusgruppe“ beschäftigt sich wiederum mit der künftigen Verarbeitung der datenreichen Codes. Großes Thema in der „Zukunftswerkstatt“ von GS1 ist auch die Entwicklung des auf einer EU-Verordnung basierenden digitalen EU-Produktpasses. Bei dessen Umsetzung ist ebenfalls eine Kennzeichnung mit einem 2D-Code vorgesehen. Um diese Informationen künftig auch Verbrauchern und Wirtschaftsakteuren frei zugänglich zu machen, kommt hier der „GS1 Digital Link“ ins Spiel. Als Bindeglied zwischen physischem Produkt und digitaler Produktinformation macht dieser den 2D-Code sowie alle anderen Datenträger „webfähig“. Gregor Herzog ist überzeugt, dass „der so mögliche Dialog mit Konsumenten zu mehr Kundenzufriedenheit und letztlich auch zu einer stärkeren Kundenbindung führen wird“. Das Ende des linearen Strichcodes? Laut Herzog: „Nein! Es wird künftig nur die Auswahl flexibler. 1D-Codes werden daher auch mit Einführung der 2D-Codes koexistieren, solange es Anwendungen für sie gibt.“ Um ein Ende des Bieps an der Kassa muss man sich aus jetziger Sicht daher noch lange keine Sorgen machen.