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Ein Blick in die Zukunft des Handels

14. Dezember 2021

Die „neue Realität im Handel“ ist bei genauerer Betrachtung eigentlich nicht wirklich neu. Die Krise hat diese nur um ein Vielfaches beschleunigt und in die Zukunft katapultiert. Daraus sind Trends entstanden, die gekommen sind, um zu bleiben …

 

Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern“, hat bereits der französische Schriftsteller André Malraux gesagt. Daher muss man auch auf die die letzten beiden „Ausnahmejahre“ blicken, um nachzuvollziehen, warum sich manche Trends anders bzw. in den meisten Fällen schneller entwickelt haben, als gedacht. Was ist? Was kommt? Was bleibt? Diesen Fragen hat sich das renommierte deutsche Marktforschungsinstitut GfK in einer großen Umfrage zur „Verhaltensänderung im Lebensmittelhandel“ gewidmet. Dabei gaben beispielsweise 28 % der Befragten an, dass sich ihr tägliches Verhalten rund um Lebensmitteleinkauf, Gesundheit und Wohlbefinden, Essenszubereitung und Arbeitssituation wesentlich verändert hat. Dabei gibt es zwar einige Themen, die nach Corona eher wieder abebben werden, wie etwa das Zuhause als alleiniger Lebensmittelpunkt, andere wiederum kristallisieren sich als richtungsweisende Retail-Trends heraus, die durch die Krise akzeleriert wurden und zusätzliche Inhalte erhielten.

 

Wunsch nach sinnhaftem Konsum

Einer dieser verstärkten Trends ist beispielsweise das „Streben nach Gesundheit und Wohlbefinden“. Das rührt laut Klara Fichtenbauer, Senior Marketing Consultant bei GfK, daher, „dass die durch die Krise erzwungene Notwendigkeit, ruhiger zu treten und auf sich zu achten, neue Produktkategorien hervorgebracht hat und den Fokus auf eine ganzheitliche Gesundheit erstarken lässt“. Das bedeutet auch, dass „Natürlichkeit“ und „Gesundheitsvorsorge“ bei der künftigen Auswahl der Produkte zum wesentlichen Unterscheidungsmerkmal werden. Nachdem die Krise bei vielen Shoppern aber auch zu ökonomischen Einschränkungen, einhergehend mit einer Preisinflation, geführt hat, geht als weiterer Trend ein „Achten auf Kosten und Mehrwert“ (von GfK als „Budgeteering“ bezeichnet) hervor. Dies erklärt Fichtenbauer so, dass „Shopper bei rein funktionalen Produkten mit einem ,trade down‘ reagieren, während sie bei Premium-Produkten, die ihre Lifestylebedürfnisse und Werte reflektieren, keine Einschränkungen hinnehmen wollen“. Als wichtigster bleibender Trend kristallisiert sich jedoch der sogenannte „Purpose“ heraus, nämlich der Wunsch nach sinnhaftem Konsum. Das bedeutet, so Fichtenbauer, „dass die Einkäufer immer mehr nach Marken und Produkten suchen, die Lifestyle mit sozialer Verantwortung verbinden. Sinnhaftes, verantwortungsvolles Kaufen tritt damit an die Stelle funktionellen Kaufens und der Wunsch nach Transparenz und Verlässlichkeit steigt zusehends.“

 

Alles nur heiße Luft?

Wenn‘s um die zukünftigen Food-Trends geht, dann ja. Luft spielt da nämlich laut der Food-Futurologistin eine große Rolle. Dabei geht es um Luft als Zutat wie z. B. 3D-artige Schokoriegel mit Hohlräumen, mit Luft gepuffte Avocados oder aber Fleisch aus Luft, bei dem Kohlendioxid mittels Luft zu Protein umgewandelt wird. Auch der Nachhaltigkeitsgedanke wird laut Gaye auf allen Ebenen in unsere Ernährung einfließen, vor allem wenn es um die Verwertung von Lebensmittelresten geht. So gibt es bereits erste Ideen, wie sich z. B. aus Kaffeesud Trinkbecher herstellen lassen oder wie aus Milch Bekleidung hergestellt wird. Neben dem Trend zum Essen als „Wohlfühlfaktor“ sieht Morgan Gaye vor allem aber auch eine neue „Einfachheit“ einziehen – lieber weniger Auswahl, aber dafür qualitativ hochwertigere und nachhaltigere Produkte.

 

Resiliente Lieferketten

Die Pandemie hat nicht nur Einfluss auf unser Einkaufsverhalten genommen, sondern hat es auch geschafft, die oftmals eng getakteten weltweiten Lieferketten aus dem Takt zu bringen. Containerausfälle, Verknappung von Rohstoffen, weniger LKW-Fahrer, die Halbleiterkrise und der rasche Anstieg des eCommerce haben Unternehmen vor unvorhersehbare Herausforderungen gestellt. So gaben bei einer vom führenden IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen CapGemini geführten Umfrage  85 % der Unternehmen eine krisenbedingte Störung ihrer Lieferkette an, wobei 71 % davon mehr als drei Monate brauchten, um sich davon zu erholen. Kein Wunder, dass auch mehr als zwei Drittel der Unternehmen nun auf eine Änderung und Optimierung ihrer Lieferkettenstrategie setzen und so für resilientere, also widerstandsfähigere Lieferketten sorgen wollen. Für Michael Becker und Torsten Schmalbach, Vice President und Senior Director bei CapGemini gilt als Schlagwort der Stunde: „floptimize“, das heißt, man sollte bei der Neuausrichtung von Lieferketten unbedingt flexibel und optimiert zugleich vorgehen und dabei seine alten Strukturen immer wieder hinterfragen.

 

Jedem das Seine

eCommerce, qCommerce, Direct-to-Consumer oder doch der gute alte stationäre Handel? Welche Vertriebsform ist für wen wirklich wichtig und richtig? Dazu propagiert etwa Stefan Ramershoven, Autor des amazon-Bestsellers „D2C Growth Revolution“, auf den direkten Verkauf an Konsumenten (Direct-to-Consumer) zu setzen. Laut Ramershoven bedeutet dies, „die gesamte Kundenbeziehung zu besitzen und daraus alle Daten zu nutzen, um einzigartige, personalisierte, effizientere und profitablere Erlebnisse zu schaffen“. Als besonders erfolgsversprechendes Konzept gilt auch der sogenannte qCommerce (quick commerce). Der Erfolg von Playern aus diesem Segmentwie etwa mjam oder gurkerl.at spricht für sich. Anhand dieser Beispiele zeigt sich nicht nur das enorme Potenzial dieser „Last-Mile-Logistik“ für den Kunden, sondern durchaus auch jenes für Händler und Markenartikler, die damit ihre Präsenz am Markt stärken können. Ein Verschwinden des stationären Handels ist dennoch nicht zu befürchten. So werden in Zukunft einfach „verschiedene Vertriebskanäle verschiedene Bedürfnisse abdecken“, erklärt Nils Wlömert, Professor am Institut für Retailing und Data Science der WU Wien.

SPAR-Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann sieht den stationären Handel künftig als eine Art „Begegnungszentrum“, das die wiederum von der Food-Trend-Expertin Hanni Rützler belegte „verstärkte Sehnsucht nach Inspiration und Sehnsucht“ stillt. Ein durchaus „menschlicher“ Trend, der sicher alles überdauern wird.
 

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