Bereits im Februar, also kurz vor der Coronakrise, zeichnete sich anhand der Ergebnisse einer IMAS-Studie ein stark wachsender Trend zum Thema Regionalität ab. Gerade regionalen Produkten werden verstärkt positive Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft zugeschrieben. Des Weiteren sind gemäß dieser Studie vor allem Herkunft, Qualität und Nachhaltigkeit beim täglichen Einkauf relevante Entscheidungsfaktoren für Konsumenten. Dann kam die Krise und der Trend entwickelte sich zum Megatrend.
Nur ,glokales‘ Denken und Handeln wird dabei helfen, die Weichen für die Post-Corona-Ökonomie zu stellen.
Tristan Horx, Zukunftsforscher
Der renommierte Zukunftsforscher Tristan Horx spricht hier von der „Re-Regionalisierung“, das heißt, dass durch den dramatischen Zusammenbruch der globalen Wertschöpfungskette regionale Produkte und Bezüge nochmals erheblich an Wert gewonnen haben. Damit kündigt sich ein anderer Umgang mit den Rohstoffflüssen und Produktionsketten der industriellen Welt an, was die Trendforschung als „GLOKALisierung“ bezeichnet. Horx ist daher überzeugt, dass nur „glokales“ Denken und Handeln dabei helfen wird, die Weichen für die Post-Corona-Ökonomie zu stellen. Viele Branchen und Industriezweige haben diese Weichen bereits seit längerem in diese Richtung gestellt – und das nicht ausschließlich, um diesem Trend und den damit einhergehenden geänderten Konsumentenbedürfnissen gerecht zu werden, sondern sehr oft auch aufgrund gesetzlicher und regulativer Maßnahmen.
Megatrend Rückverfolgbarkeit
Spricht man von Regionalität, thematisiert man zwangsläufig auch Herkunft und Rückverfolgbarkeit, denn nur dadurch wird diese belegbar. In vielen Fällen geht es bei Rückverfolgbarkeit jedoch nicht nur um die Belegbarkeit der Regionalität, sondern allem voran um Transparenz und Sicherheit. Die Erfüllung dieser Faktoren ist in vielen Branchen eine Grundvoraussetzung und vielfach sogar mit gesetzlichen Vorgaben verbunden. So zum Beispiel im Gesundheitswesen, wo es schließlich um das Leben von Menschen geht. Hier fordert beispielsweise die Europäische Union in der Medical Device Regulation aus dem Jahr 2017 ab 2021 eine lückenlose Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten durch die Umsetzung von UDI (Unique Device Identification).
Die seit vergangenem Jahr laut EU-Verordnung geltende „Falsified Medicines Directive“ (FMD) regelt wiederum die Fälschungssicherheit von Arzneimitteln, was in der Praxis anhand einer Serialisierung mit GS1 Standards erfolgt. Eine Branche, die ebenfalls massiv von Fälschung und illegalem Handel betroffen ist, ist die Tabakindustrie. Auch hier trat letztes Jahr eine neue EU-Verordnung in Kraft, die die Rückverfolgbarkeit von Tabakprodukten regelt. So muss jede Packung eines Tabakprodukts mit einer individuellen ID versehen sein.
In Spanien und Portugal wurde dies mithilfe von GS1 Standards umgesetzt. Durch die Serialisierung kann nun festgestellt werden, in welcher Fabrik, auf welcher Maschine dieses Produkt hergestellt wurde, auf welchem Weg es ins Land kam, wer es importiert hat und wo es verkauft wurde. Blickt man über den europäischen Tellerrand hinaus, findet man weitere Beispiele für die Nutzung globaler GS1 Standards: So etwa in Kanada, wo Hersteller von Cannabis und Cannabisprodukten zur Identifikation dieser Produkte und deren Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette GS1 Standards verwenden müssen.
Lebensmittel im Fokus der Gesetze
Rund um die Rückverfolgbarkeit und Herkunft von Lebensmitteln hat sich hinsichtlich gesetzlicher Anforderungen sowohl in Österreich als auch auf EU-Ebene in letzter Zeit einiges bewegt und wird auch weiterhin in Bewegung bleiben. So regelt die EU-Lebensmittel-Informationsverordnung die Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln und ihrer Herkunftsangaben, wobei deren Geltung seit 1.4.2020 auch auf die verpflichtende Herkunftsangabe von Primärzutaten erweitert wurde.
Die Anforderungen zur Rückverfolgbarkeit hängen immer stark von der Art des Produkts und dessen unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen ab.
Gregor Herzog, Geschäftsführer GS1 Austria
Das österreichische Regierungsprogramm hat sich wiederum zum Ziel gesetzt, ab 2021 eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung (z. B. in Schulkantinen oder Krankenhäusern) und in verarbeiteten Lebensmitteln einzuführen. Besonders stark macht sich Österreich auch, wenn es um die von der EU-Kommission initiierte „Farm-to-Fork-Strategie“ zur Erreichung eines fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystems geht. Hier fordert Landwirtschaftsministerin Köstinger beispielsweise eine prioritäre Behandlung der Herkunftskennzeichnung.
Kompetenzträger mit Full-Service
Geht es um Lösungen zur Rückverfolgbarkeit, erweist sich GS1 Austria mit seinem System aufeinander abgestimmter Standards als absoluter Kompetenzträger und Full-Service-Anbieter. Dabei gibt es laut GS1 Austria-Geschäftsführer Gregor Herzog aber „keinesfalls eine ,One fits all‘-Lösung, da die unterschiedlichen Anforderungen zu Rückverfolgbarkeit auch immer sehr stark von der Art des Produkts und dessen unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängig sind“.
So reicht etwa bei stabilen Produkten, wie z. B. Milch, die Angabe der Stammdaten im elektronischen Stammdatenservice GS1 Sync aus. Ist jedoch eine chargenbasierte Information zur Herkunft notwendig, so wird diese mithilfe von Bewegungsdaten (GS1 EDI) in Form eines elektronischen Lieferscheins (DESADV) ermöglicht. Eine lückenlose Rückverfolgbarkeit, die über die reine Herkunftsauszeichnung hinausgeht – so zum Beispiel bei Seefisch – erfordert wiederum eine chargengenaue Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Hier kommt das Rückverfolgbarkeitsservice GS1 Trace ins Spiel.
Wie man sieht, mangelt es punkto Rückverfolgbarkeit keinesfalls an Möglichkeiten, es bedarf lediglich einer individuellen Umsetzung. GS1 Austria berät und unterstützt Unternehmen bei der Erarbeitung maßgeschneiderter Lösungen, wobei laut Gregor Herzog immer eines im Vordergrund steht: „Das Finden einer gemeinsamen Sprache.“